Der größte Konkurrent des Konzernriesen Amazon will den deutschen und europäischen Markt erobern. Alibaba versteht sich als Einfallstor für deutsche Produkte nach China. Dies birgt einerseits große Chancen – jedoch sind die Risiken dabei nicht zu unterschätzen. Die Abwehrpläne von Sigmar Gabriel werden damit vom Druck der Märkte überrollt.
Die Dimensionen sind wenig bekannt
Auf dem deutschen Markt ist die Online-Plattform #Alibaba noch relativ unbekannt. Das täuscht jedoch ein wenig über die Bedeutung dieses Konzerns in China hinweg: 300 Millionen Kunden, 42 Millionen Pakete täglich, 25.000 Beschäftigte. Aktueller Börsenwert: 240 Milliarden Dollar. Im vergangen Jahr wurde ein Einkaufsvolumen von 485 Milliarden Dollar über Alibabas Systeme abgewickelt. Inzwischen beherrscht der Riese 80 Prozent des E-Commerce in China.
Der Name kommt nicht von ungefähr: Das Märchen „Alibaba und die vierzig Räuber“ inspirierten den Gründer Jack Ma im Jahr 1999 ein Pendant zu Ebay und Amazon zu entwickeln. Sein Ziel war es, zuerst China, dann Asien, Amerika, Europa und letztendlich den Sesam zur ganzen Welt zu öffnen.
Das Tor zu Europa
Ein geschickter Schachzug von Jack Ma – dem Unternehmer, der hinter Alibaba steckt. Er holte für die Aufgabe in den deutschen und europäischen Markt zu drängen zwei Exmanager von #Amazon und Google bzw. Yahoo: Terry von Bibra und Sébastien Badault. Von Bibra steuert von München aus das Deutschland-Büro, während sich Badault darum kümmert, geeignete Produkte für den chinesischen Markt zu finden.
So verfolgt Alibaba eine ähnliche Strategie wie Amazon: beide intensivieren immer stärker die Unterstützung von vertikalen Vertriebskonzepten des Mittelstandes. Sie bieten sich als Plattform für einen komplexen Markt an und lösen dabei die Probleme wie Marketing, Kundenservice und Logistik bis zur Zustellung. Der Hersteller bekommt im Gegenzug wertvolle Kundendaten, die er zur Weiterentwicklung seiner Produkte nutzt.
Deshalb ist es nur eine Frage der Zeit, wann nicht nur der Markt nach China geöffnet wird, sondern auch die schon vorhandene Konkurrenz der Shopping-Website TMall hier Einzug hält. Adidas und Puma sind dort schon 2014 eingestiegen.
Kreative Kampfmaschine
Genau wie Amazon investiert Alibaba seine Gewinne sowohl in neue Geschäftsfelder, aber auch sehr stark in das eigentliche Kerngeschäft – den Online Handel.
Damit geraten Konkurrenzunternehmen immer mehr unter Druck: großes Angebot, kurze Lieferzeiten, exzellente After Sales Prozesse. Diese hohen Standards können viele kleinere Online-Wettbewerber nicht erfüllen und verschwinden so vom Markt.
Um die Dimensionen noch etwas klarer zu machen: Der Mega-Online-Shopping-Tag in China ist der 11. November! In diesem Jahr sind am 11.11. mehr als eine Milliarde Päckchen mit Waren im Wert von 18 Milliarden Dollar Umsatz über Alibaba verschickt worden.
Virtual Reality schon umgesetzt
Im neuen dreidimensional simulierten Kaufhaus B+ von Alibaba können die Kunden inzwischen herumlaufen und einkaufen. Einzige Voraussetzung: Eine Papp-Brille, die mit Handy zur VR-Brille wird. Nach 1 Stunde hatten bereits 30.000 Kunden die neue Plattform ausprobiert. Im Vorfeld wurden 150.000 Papp-Brillen auf Taobao (dem Online-Auktionshaus von Alibaba) verkauft, 15 Cent pro Stück.
Damit zeigt sich, dass der kreative Wille neue Dienste anzubieten bei Alibaba genauso ungebrochen ist wie bei Amazon. Beide handeln nach der „Theory of Constraints“: Was noch nicht vorhanden ist, wird selbst entwickelt.
Ein weiterer Vorteil für die Unternehmen, die sich über Endkundenplattformen wie Alibabas TMall präsentieren: Bei den Flagshipstores können sich die Anbieter ihren Auftritt nach ihrer Corporate Identity und dem Corporate Design selbst gestalten und damit viel näher am Kunden präsentieren. Diese Möglichkeit bietet Amazon nicht.
Made in Germany ist für Chinesen wichtig
Ob Bosch, Haribo, Windeln, Babynahrung, Pflegeprodukte und Elektronik: die chinesischen Kunden legen Wert darauf, dass die Ware auch wirklich aus Deutschland kommt. Damit wittern deutsche Unternehmen große Chancen – selbst der Drogerie-Marktführer dm kündigt eine Kooperation mit Alibaba an. Bosch und Metro sind schon seit 2015 sehr erfolgreich bei Alibaba tätig. Und im Gegensatz zu Deutschland stimmen auch die Margen – die Chinesen greifen für die Qualität auch tiefer in die Tasche. Die Babynahrung aus Deutschland zählt – nicht zuletzt wegen des Babymilch-Skandals in China – zu den Spitzenprodukten.
Gabriels Abwehrpläne und die Folgen
Allerdings weiß man von den Chinesen, dass Patente und sonstige Schutzrechte für geistiges Eigentum nicht respektvoll behandelt bzw. schamlos kopiert werden. Und der Alibaba-Gründer Jack Ma schüttet noch Öl in das Feuer, indem er sagt: „Das Problem besteht darin, dass Fälschungen heute in besserer Qualität und zu günstigeren Preisen angeboten werden als die echten Produkte, die wahren Markennamen“.
So versucht der Bundeswirtschaftsminister #Gabriel, deutsches Know-How nicht einfach den Chinesen zu überlassen, indem er z.B. den Verkauf von Aixtron und Kuka verhindert bzw. blockiert. Allerdings hat Ma schon erklärt, dass für die Fabriknachbildungen die gleichen Rohmaterialien genutzt werden und auch nach den gleichen Standards produziert wird wie die Originale.
Sesam öffne Dich – der Weg über Alibaba
Da die Chinesen mit einer neuen Vehemenz die deutschen Mittelständler erobern, ist es eine Frage der Zeit, wann das Machtpotenzial dieses Internetgiganten auch in Deutschland und Europa stärker zunimmt.
Der deutsche Mittelstand nutzt seine Chance, die chinesischen Kunden zu erobern und die Umsätze zu steigern. Alibaba macht es ihnen dabei leicht zu expandieren.
Vielen ist nicht klar, dass sie technisch führend sind und den Vorsprung mit dem chinesischen Markteintritt und der Kopierwut der Chinesen ihre Vorteile verspielen. Kuanh-Hua Lin von Asia-Pacific Management Consulting bringt es auf den Punkt: „Am einfachsten für die Chinesen ist es, sich neue Technologien zu kaufen. Ich kann verstehen, dass Deutschland einen Ausverkauf fürchtet. Aber das liegt nicht an den Chinesen.“
Alibaba bereitet seinen Weg nach Europa vor: Mit Concardis hat er in diesem Jahr eine Bezahlmöglichkeit (zunächst nur für chinesische Touristen) geschaffen, die wie seine Bezahlapp Alipay funktioniert. Alipay nutzen inzwischen ca. 400 Millionen Kunden. Auf die Frage, welche Strategie Alibaba verfolge antwortete der CEO wörtlich: „Alibaba is a data company“. „Data is the most valuable asset in the future for small businesses.“ Die Frage ist nur, was macht er mit den Datenmengen von Alipay, TMall und seinen anderen Plattformen? Die Vermutung liegt nahe, dass er seine Idee umsetzt, den Sesam zu öffnen zur ganzen ECommerce Welt und damit der größte Konkurrent von Amazon ist.
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